Eine Arche für Katzen in Amsterdam

Weltweit einmalig dürfte eine Einrichtung sein, die in der Amsterdamer Singelgracht 38.G ankert: De Poezenboot ist ein schwimmendes Asyl für heimatlose Katzen, die dort versorgt und vermittelt werden. Längst ist die Einrichtung zu einer Touristenattraktion avanciert und man sollte die Institution, wenn man sie besucht, mit einer Spende unterstützen. http://www.poezenboot.nl/

2 Kommentare

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2 Antworten zu “Eine Arche für Katzen in Amsterdam

  1. Sei herzlich gegrüßt lieber Paul,

    hier nun der versprochene Kommentar:
    Ich befinde deine Seite für sehr gelungen, stöberte schon in den Literarischen Brekkies und mir fiel eine Abhandlung von Edgar Allen Poe dazu ein, viel Vergnügen bei der Lektüre und auf bald! Lilia

    POE: INSTINKT CONTRA VERSTAND – EINE SCHWARZE KATZE

    Die Grenzlinie, die den Instinkt des Tieres von dem vielgerühmten
    Verstand des Menschen trennt, ist ohne Zweifel höchst verschwommener
    und unzulänglicher Art – eine Grenzlinie, die weitaus schwerer
    festzulegen ist als selbst die nordöstliche oder die von Oregon. Die
    Frage, ob die niederen Tiere denken oder nicht, wird wahrscheinlich
    niemals entschieden werden – bestimmt nicht von unserem gegenwärtigen
    Wissensstand aus. Während die Eigenliebe und Anmaßung des Menschen
    dabei beharren werden, Tieren das Denkvermögen abzusprechen, weil ein
    Zugeständnis seine eigene hochgepriesene Vorherrschaft zu schmälern
    scheint, findet er sich doch ständig in den Widerspruch verstrickt,
    einerseits den Instinkt als eine inferiore Gabe herabzusetzen, während
    er andererseits genötigt ist, in tausend Fällen dessen unendliche
    Überlegenheit über ebenden Verstand zuzugeben, den er so ausschließlich
    für sich in Anspruch nimmt. Instinkt, weit davon entfernt, ein
    geringwertiger Verstand zu sein, ist vielleicht der allererhabenste
    Intellekt. Er wird dem wahrhaften Philosophen als der göttliche Geist
    selbst erscheinen, der unmittelbar auf seine Geschöpfe einwirkt.
    Die Verhaltensweisen des Ameisenlöwen, vieler Spinnenarten und des
    Bibers haben in sich eine wunderbare Ähnlichkeit oder gar
    Übereinstimmung mit den üblichen Denkprozessen des menschlichen
    Verstandes – während der Instinkt einiger anderer Geschöpfe keine
    solche Ähnlichkeit aufweist – und sind nur auf den Geist der Gottheit
    selbst zurückzuführen, der direkt und durch kein körperliches Organ auf
    die Willensäußerung des Tieres einwirkt.
    Für diese erhabene Art von Instinkt bietet das Korallentier ein
    bemerkenswertes Beispiel. Dieses kleine Geschöpf, der Erbauer von
    Kontinenten, ist nicht nur imstande, Bollwerke gegen das Meer zu
    errichten, mit einer Zielsicherheit und Exaktheit der Anpassung und
    Ausführung, aus denen der geschickteste Ingenieur reichstes Wissen
    schöpfen könnte – sondern es ist überdies mit etwas begabt, was die
    Menschheit nicht besitzt: mit dem untrüglichen Gespür für das Künftige.
    Es sieht, Monate zuvor, die bloßen Zufälle voraus, die seiner Wohnstatt
    widerfahren werden, und unterstützt von Myriaden seiner Brüder, die
    alle wie mit einem einzigen Willen zu Werke gehn (und in der Tat
    handeln sie nur nach einem einzigen — nach dem Willen des Schöpfers),
    müht es sich emsig, um Einflüssen entgegenzuwirken, die allein in der
    Zukunft existieren. Auch an die Wabe der Biene knüpfen sich die
    wunderbarsten Betrachtungen. Man verlange von einem Mathematiker, das
    Problem zu lösen, welche Form, die sowohl Stärke wie Geräumigkeit
    gewährleistet, sich am besten für eine Wabe eignet, wie die Biene sie
    braucht — und er wird sich in die verstiegensten und abstrusesten
    Fragen analytischer Forschung verstrickt finden. Man verlange von ihm
    anzugeben, wie viele Seiten der Wabe die größte Geräumigkeit und
    zugleich die größte Festigkeit geben, und exakt den Winkel zu
    bestimmen, in dem, den gleichen Zweck verfolgend, das Dach aufzusetzen
    hat – und er muß, um die Frage zu beantworten, ein Newton oder ein
    Laplace sein. Doch seit es Bienen gibt, haben sie immer aufs neue das
    Problem gelöst. Der Hauptunterschied zwischen Instinkt und Verstand
    scheint der zu sein, daß der eine unendlich viel exakter, verläßlicher
    und weitsichtiger innerhalb seines Wirkungsbereiches ist – während der
    Wirkungsbereich des anderen ein sehr viel größeres Ausmaß hat. Aber wir
    halten eine Predigt, wo wir doch nur eine kurze Geschichte von einer
    Katze erzählen wollten.
    Der Verfasser dieses Artikels ist der Besitzer einer der
    bemerkenswertesten schwarzen Katzen von der Welt – und das will viel
    sagen; denn man wird sich erinnern, daß schwarze Katzen allzumal Hexen
    sind. Die eine, um die es hier geht, hat nicht ein einziges weißes Haar
    am Leibe und ist von ehrbarem und scheinheiligem Benehmen. Der Teil der
    Küche, den sie am häufigsten aufsucht, ist nur durch eine Tür zu
    erreichen, die mit einem sogenannten Schnappriegel schließt; diese
    Schnapper sind von grober Konstruktion, und es erfordert jedesmal
    einige Kraft und Geschicklichkeit, sie niederzudrücken. Aber meine
    Mieze pflegt Tag für Tag die Tür zu öffnen, wobei sie folgendermaßen zu
    Werke geht. Zuerst springt sie vom Boden auf den Bügel des Schnappers
    (der dem Bügel über einem Flintenabzug ähnlich sieht), und durch diesen
    schiebt sie ihre linke Vorderpfote, um sich festzuhalten. Jetzt preßt
    sie die rechte Pfote auf den Schnapper, bis er nachgibt, und hierzu
    sind oft mehrere Versuche nötig. Nachdem sie ihn heruntergedrückt hat,
    scheint sie jedoch wohl zu wissen, daß ihre Arbeit erst halb getan ist,
    da ja, wenn die Tür nicht aufgestoßen wird, ehe sie losläßt, der
    Schnapper wieder in seine Höhlung zurückschnellt. Deshalb verdreht sie
    ihren Körper so, daß ihre Hinterpfoten unmittelbar unter dem
    Schnappriegel aufliegen, und springt nun mit aller Kraft von der Tür ab
    – so daß die Stoßkraft des Absprungs das Öffnen der Tür erzwingt,
    nachdem ihre Hinterpfoten den Schnapper so lange festgehalten haben,
    bis diese Stoßkraft wirklich eingesetzt hat.
    Wir haben dieses außergewöhnliche Kunststück mindestens hundert Mal mit
    angesehen, und immer drängte sich uns aufs neue die Wahrheit der
    Bemerkung auf, mit der wir diesen Artikel begonnen haben – daß die
    Grenzlinie zwischen Instinkt und Verstand sehr verschwommener Art ist.
    Die schwarze Katze mußte, indem sie tat, was sie tat, von all den
    Kräften der Wahrnehmung und Überlegung Gebrauch gemacht haben, die wir
    allein für die verbrieften Gaben des Verstandet zu halten pflegen.

    • Liebe Lilia Santos, ich schnurre ganz laut beim lesen Deines Kommentars und dieses wunderschönen Textes von Edgar Allan Poe, den ich noch nicht kannte. (Hast Du auch eine Quellenangabe?) Ich revanchiere mich mit einem Erfahrungsbericht meines Menschen (der, wenn er dies liest, vor Stolz platzen wird) aus seinem Katzenlexikon. Darin erzählt er von seinem längst verstorbenen, schwarzen (!) Kater Shano und dessen erstaunlichen Fähigkeiten. Dieser Bericht passt wunderbar zu den Ausführungen von Poe:
      »In der Wohnung seiner Geburt [also der des Katers Shano], einer Schöneberger 7-Zimmer-Etage, befand sich im Berliner Zimmer eine unverschlossene, aber stets geschlossene Tür, die die Grenze zwischen dem Wohnbereich der Haupt- und dem der Untermieter bildete. [Hauptmieter waren mein Mensch und seine damalige Lebensgefährtin.] Eines Tages kamen die weiblichen Untermieter, um sich zu beschweren. Bei ihrer Heimkehr hätten sie die besagte Tür geöffnet vorgefunden, aber nicht nur diese. Auch die Tür ihres Eisschrankes hätte offengestanden und vor allem seien diverse Lebensmittel abhanden gekommen. Die Verwunderung der Hauptmieter über die vorabendliche Appetitlosigkeit der kleinen Katzengemeinschaft hatte damit eine Erklärung gefunden. Also versprachen die Hauptmieter, diese Tür ab sofort durch den vorhandenen Riegel zusätzlich zu sichern. Groß war das Erstaunen, als die Untermieter wenige Tage später erneut einen verlustreichen Angriff auf ihren Kühlschrank meldeten, für den es keine nachvollziehbare Erklärung zu geben schien. Bis die Hauptmieter eines Tages zufällig beobachteten, wie Shano zur Klinke dieser Tür sprang, sich mit den Vorderpfoten an ihr festhielt und dann mit den Hinterpfoten den Riegel in die waagerechte Position brachte, um schließlich mit einem Ruck der Vorderpfoten die Klinke zu drücken. Dann stemmte er ein Hinterbein gegen den Türrahmen, um so die Tür zu öffnen, die nach dieser eindrucksvollen Demonstration felider Intelligenz mit Hilfe zweier Haken und eines kräftigen Gummibandes endgültig [und für Shano unüberwindbar] gesichert wurde.«

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