Charles Bukowski

Umschlag

Wenn in Verbindung mit dem Thema Katzen der Name Charles Bukowski erwähnt wird, fallen einem fast unvermeidlich die matten Kalauer Miezen und Muschis ein. Das ist nicht weiter verwunderlich, schließlich beschäftigt sich ein nicht unerheblicher Teil seines literarischen Werkes mit den Untiefen des Geschlechtlichen. Und bekanntlich bediente sich Bukowski dabei einer sehr eigenen, unverwechselbaren und drastischen Sprachwelt, die ihm den Titel des »Schreibweltmeisters im Schwergewicht« eingebracht hat, der, wenn er schon auf Godot warten muß, dies doch lieber in einer Kneipe tut.

Ich konnte mir Bukowski bisher kaum als Katzenfreund vorstellen. Doch dann erschien am 3. Mai 2007 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Rezension einer schmalen Publikation der Büchergilde Gutenberg in ihrer Reihe Tolle Hefte, die ich auf dem Nachttisch meines Menschen zufällig entdeckte. Als No 28 war dort Charles Bukowskis erste, 1944 in dem New Yorker Magazin Story erschienene Erzählung Ein Ablehnungsbescheid und die Folgen als deutsche Erstausgabe mit kongenialen Illustrationen von Thomas M. Müller publiziert worden. Die schwarze Katze in einer von der FAZ abgedruckten Zeichnung aus diesem Tollen Heft weckte meine Neugier, und ich wies meinen Menschen an, die Broschüre für unsere Bibliothek anzuschaffen. Zu meiner Überraschung und Freude taucht die schwarze Katze sogar in drei der insgesamt elf Illustrationen, vor allem aber in der kurzen Erzählung selbst als oscarverdächtige Nebendarstellerin auf. Mehr wird hier über die schöne Broschur nicht verraten – sie sollte in keiner gut sortierten Katzenbibliothek fehlen.

Aber noch ein paar Sätze über Bukowski und sein Verhältnis zu Katzen. »Im nächsten Leben will ich ein Kater sein. Zwanzig Stunden am Tag schlafen und mich dann füttern lassen. Rumsitzen und mir den Arsch lecken«, notierte er am 2. Oktober 1991 in seinem Tagebuch Den Göttern kommt das große Kotzen, das 2006 bei uns erschienen ist. »Habt  ihr gewußt«, ergänzte er am 24. August 1992, »daß Katzen 20 Stunden am Tag schlafen? Kein Wunder, daß sie besser aussehen als ich.« Für Bukowski stand außer Zweifel, daß die Gesellschaft seiner Katzen der menschlichen vorzuziehen ist: »Um mich zu beruhigen, sehe ich gern meinen Katzen zu. Die geben mir ein gutes Gefühl. Aber steckt mich nicht in ein Zimmer voll Mitmenschen. Bloß nicht. Besonders an Feiertagen. Bitte nicht.« (13. September 1991) In dieser Frage wußte er sich mit seinen Katzen besonders eng verbunden, da sie ähnlich reagierten. So stellte Bukowski am 23. Juni 1992 fest: »Meine neun Katzen stieben in wilder Flucht auseinander, sobald ein Mensch sich blicken läßt.« Und er scheint diese Menschenscheu seiner Katzen bewundert zu haben. An manchen Tagen fühlte sich Bukowski mit seinen Katzen auf eine fast geheimnisvolle Weise verbunden. Am 3. November 1991 saß er in seinem Gartenpoool. »Mein alter strohgelber Kater kam und musterte mich da im Wasser. Wir sahen uns an. Wir wußten alles, und wir wußten nichts. Er machte kehrt und verschwand.« Ein knappes Jahr, nachdem Bukowski einen Apple-Computer geschenkt bekommen hatte, auf dem er dann nach anfänglicher Skepsis mit wachsender Begeisterung schrieb, drehte der Mac nach dem Hochfahren völlig durch. »Er warf Bomben, machte lauter gruselige Geräusche, der Bildschirm wurde für Augenblicke schwarz wie der Tod.« Was immer Bukowski auch anstellte, der Mac kam nicht in Ordnung. »Dann sah ich so etwas wie angetrocknete Spritzer auf dem Monitor und an dem Schlitz, in den man die Diskette schiebt. Einer von meinen Katern hatte den Apparat mit seinem Spray markiert.« Bukowski verlor kein böses Wort über die Katzen. Er brachte den Rechner zur Reparatur, wofür die Werkstatt eine Woche benötigte. Doch dies sollte ihm nicht noch einmal passieren: »Wenn ich jetzt vom Computer aufstehe, decke ich ihn mit einem Badetuch ab und mache die Tür hinter mir zu«, vermerkt das Tagebuch am 22. November 1991. Und obwohl der Langschläfer Bukowski jeden Morgen um sechs Uhr von seinen Katzen geweckt wurde, um ihnen die Tür in den Garten zu öffnen, und er sie manchmal nach einer Pause von zwei Stunden füttern mußte, hielt er am 18. Januar 1992 in seinem Tagebuch diese Liebeserklärung fest: »Meine Frau und die neun Katzen kommen mir vor wie die genialsten Wesen auf Erden, sind sie auch.« Das letzte Interview führte Charles Bukowski Mitte August 1993, also knapp sieben Monate vor seinem Tod, mit dem Publizisten Gundolf S. Freyermuth. »Ein miauendes Katzenrudel empfängt uns an der Haustür«, heißt es in dem Buch Das war’s – Letzte Worte mit Charles Bukowski, das dieses Gespräch dokumentiert. »Bevor Bukowski sich zum Interview um den chlorblauen Swimmingpool setzen kann, muß er seine hungrigen Hausgäste füttern. Augenblicklich sind es neun an der Zahl.« Ohne seine Katzen hätte es zweifellos schlecht ausgesehen für das literarische Rauhbein.

2 Kommentare

Eingeordnet unter Katzenbücher

2 Antworten zu “Charles Bukowski

  1. Als meine Katzen KITA & ROSI sahen, daß ich mich nach länger Zeit wieder der Lektüre meines Lieblingsautors aus meiner „Sturm-und Drang-Zeit“ widmete, meinte ich etwas Vorwurfsvolles in ihren Blicken zu sehen, aber dann googelte ich nach „Charles Bukowksi & Katzen“ und bin sofort bei KATER PAUL fündig geworden.
    Triumphierend las ich den Katzen diesen schönen Artikel laut vor und seitdem sitzen beide schnurrend auf meinem Schoß, wenn ich Bukowski lese…

Hinterlasse eine Antwort zu Matthias Antwort abbrechen